42 Stunden nur atmen…

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Einleitung

In meiner Blogparade stelle ich die provokative Frage, was bist du, wenn du nur noch deinen Atem hast? Mit meiner eigenen wahren Geschichte möchte ich dir zeigen, dass aus „Selbst – bewusst – Sein“, Zuversicht, Mut, freudiger Neugierde und Fließenlassen es möglich ist, das Leben so anzunehmen, wie es ist.

Ein Spätnachmittag im Herbst

Es ist nachmittags. Ich liege, wie so oft, in den letzten Monaten mit Kopfschmerzen im Bett. Meine Schwester kommt rein und fragt wo unsere Mutter ist. Bis hierhin erinnere ich mich sehr bewusst. Was folgt wird mir später erzählt. Als meine Schwester die Türe schließt, kommt gerade meine Mutter vom Souterrain aus dem Büro meines Vaters. Meine Schwester sagt ihr, sie solle mal zu mir ins Zimmer gehen, ich sei so komisch. Ich bin wohl wach, aber ich bin nicht da. Meine Mutter lässt den Hausarzt kommen, der mich fragt, ob ich ihn erkenne. Ich kraule ihn freundlich an seinem Bart und sage ja, er lässt mich per Krankenwagen nach Freiburg in die Kinderklinik bringen, zahlreiche Untersuchungen folgen, meiner Mutter wird erklärt, dass es sich vermutlich um einen heftigen epileptischen Anfall handelt und sie nicht wissen, ob, wann und wie ich wieder wach werde. Von all dem bekomme ich nichts mit. Ich liege da und atme; nichts von der Aufregung meiner Mutter und auch nichts von der Zuversicht meines Vaters. Er versucht meine Mutter zu beruhigen, indem er ihr sagt: „Dann nehmen wir sie halt, wie sie ist!“ Ein Satz, so simpel er auch klingen mag, aber mit einer unendlichen Akzeptanz.

Tag und Nacht wacht jemand an meiner Seite. Als ich in den Morgenstunden des übernächsten Tages nach 42 Stunden erwache, ist die Erleichterung um mich herum groß. Ich weiß nicht, warum alle um mich herum überhaupt so aufgeregt sind. Ich bin gerade aus einem langen Traum, einem glücklichen Traum, erwacht. In meinem Traum war ich mit meiner Familie im Urlaub. Es folgen viele Untersuchungen, und ich bleibe noch für ein paar Wochen im Krankenhaus, aber ich bin wach, sehe, höre, schmecke und rieche alles. Als ich wieder vollständig auf der Höhe bin, werde ich entlassen. Dass dieses Ereignis für mein weiteres Leben prägend sein wird, ist mir zu diesem Zeitpunkt noch nicht wirklich bewusst. Von nun an schlucke ich jeden Tag für lange fünf Jahre zwölf Tabletten am Tag. Sie heißen Maliasin. Sie sollen meine Gehirnströme in Schach halten.

Alles auf Anfang

In der neuen Schule, ich war gerade von der Mittelschule zurück auf die Hauptschule gewechselt, weil ich das Probehalbjahr nicht bestanden hatte, habe ich totale Narrenfreiheit. Keiner stellt mehr Ansprüche an mich, weder in der Schule noch zu Hause.

Ich darf einfach „sein“!

Was für ein Geschenk… Im Nachhinein betrachtet!

Seit dieser Zeit ist mir das bzw. mein „Sein“ sehr bewusst. Ich habe nur dieses eine „Sein“. Ich entwickle mich und mein Sein in den kommenden Jahren prächtig.

Weil keiner mehr etwas von mir möchte, ich keinen Forderungen genügen muss, fange ich an zu tanzen, möchte Balletttänzerin werden. In der Schule entwickle ich intrinsische Motivation. Außerdem wächst das Vertrauen in mich und meine Fähigkeiten. Mit freudiger Neugierde plane ich meine beste Freundin Tahra alleine in Indien zu besuchen. Da bin ich 14. Und nein, ich bin nicht fatalistisch und auch nicht verrückt, aber vertrauensvoll und „selbst – bewusst“. Nach dem okay der Ärzte darf ich sie besuchen? Ich könnte noch viele weitere Episoden meines Lebens hier „festhalten“. Das Leben ist aber ein stetes Fließen. Das alles gehört inzwischen seit 48 Jahren der Vergangenheit an und das ist auch gut so. Ich lebe im „Hier und Jetzt“!

Bis heute falle ich ab und zu hin, stehe wieder auf, richte mein Krönchen und weiter geht’s.

Fazit:

Meine Geschichte ist eine von vielen. Was ich mit ihr zeigen möchte, ist, dass wir auch mit ordentlich großen Herausforderungen umgehen können und müssen. Das Leben macht keinen Umweg. Es fließt einfach weiter; mal drumherum und mal hüpft es über eine Hürde.

8 Kommentare

  1. Liebe Karin
    Sehr spannend, deinen eigenen Artikel zu deiner Blogparade zu lesen! Das Atembewusstsein ist so wichtig und so wertvoll im Leben, da gehe ich mit dir einig. Deine Geschichte zeigt mir, wie du das Urvertrauen dank Atem nicht verloren hast, obwohl du irgendwo zwischen ? und ? schwebtest, wie die Reaktion deiner Angehörigen zeigte.
    Auch für mich ist der Atem, solange ich ihn habe bzw. er mich hat, die Essenz des Seins. Dazu schreibe ich gerne bald mehr und reiche meinen Artikel dann bei deiner Blogparade ein!
    Herzlicher Atemgruss
    Susanne

  2. Liebe Karin,
    ich bin jetzt sehr dankbar, dass du diese Phase deines Lebens mit uns geteilt hast und dass ich diese Seite von dir kennenlernen durfte. Jetzt verstehe ich auch besser, wieso dein Weg dich zum bewussten Atmen geführt hat. WAS für ein Erlebnis: für dich eine prägende Erkenntnis und für deine Angehörigen wahrscheinlich viel Aufregung.
    Unser Atem ist ein Wunderding und läuft gleichzeitig – die meiste Zeit – so unscheinbar im Hintergrund ab. Ich muss ihn mir selbst täglich bewusst werden lassen.

    1. Liebe Manuela, vielen Dank für deine „bewusste“ Rückmeldung. Ja, diese Geschichte ist sehr bewegend! Das Wunderding, wie du es nennst, ist mein Leitseil geworden und ich freue mich bei jedem Atemzug, dass ich ihn habe. Eigentlich mag ich dieses Gepitche nicht, aber in dem Fall dachte ich mir, wird es mal Zeit meinen Weg und meine nicht enden wollende Bewunderung und Faszination für den Atem Preis zu geben. Wie lässt du dir denn deinen Atem eigentlich bewusst werden? Ich schau gleich mal auf deiner Seite nach 😉 ❣️
      Atembewegt & herzlichst, Karin

  3. Liebe Karin,
    vielen Dank für Deine bewegende Geschichte. Mich beeindruckt es sehr (auch aus eigenen Erfahrungen), wie sich der Atem in derartigen Lebensereignissen auch als Brücke zum Sein darstellt…
    Herzliche Grüße
    Claudia

  4. Liebe Karin
    Danke fürs Teilhaben lassen an deiner Geschichte,.Wie wundervoll du dich entwickeln konntest und mit dem Fluss des Lebens geströmt bist. So jung warst du und doch so eine starke Seele. Du wirst mit deinen Atem-Wegen noch vielen Menschen helfen können, der eigenen innewohnenden Kraft näherzukommen.
    Alles Liebe
    Marianne

    1. Liebe Marianne, vielen Dank für deine warmherzige Rückmeldung. Ja, ich bin begeistert den Menschen ihre eigene innewohnende Kraft näher zu bringen und sie auf einem Weg zu begleiten, der sie tief zufrieden und am Ende sehr glücklich macht, ohne, dass sie sich dafür anstrengen müssen. Ich freue mich auf einen anregenden Austausch mit dir. Atembewegt & Herzlichst, Karin

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